Donnerstag, 7. April 2016

Hänge abgrasen im Winter

Martin im Anstieg zur Eiskögelescharte
Wir wollten Ostern mal wieder eine Chance geben, schließlich sind da vier Tage am Stück frei und es kann nicht jedes Jahr schlechtes Wetter haben. Erik hat eine Ausfahrt auf die Langtalereckhütte organisiert und da schlossen sich Martin und ich an. In der Karwoche war ein stabiles Hoch über dem Alpenraum - die Aussichten für Ostern waren durchwachsen. Die ZAMG schrieb: „Für das Osterwochenende kann man davon ausgehen, dass es nicht strahlend sonnig sein wird. Sonst lässt sich nichts seriöses sagen.“ Aha - aber die Hoffnung stirbt zu letzt. Am Gründonnerstag schien die Sonne über dem See, wenn auch nur morgen noch halbwegs passables Wetter wäre…. So starteten wir mit dem starken Reiseverkehr gen Ötztal. Nach dem Arlberg war das Wetter gut und die Nacht klar. Dies ließ uns zumindest für Freitag hoffen.
Die Abfahrt vom Rotegg
In Zwieselstein hatten wir noch ein Notlager bekommen, so dass wir zum Glück nicht mehr nachts auf die Hütte aufsteigen mussten. Am Freitag war das Wetter morgens deutlich besser als erwartet - ein ganz hohe dünne Schleierbewölkung trübte etwas den Blick, doch während des Aufstiegs durch das Skigebiet wurde uns sehr heiß, eine Bekleidungsschicht nach der anderen fiel. In Skiunterhemd, Weste und Stirnband ließ es sich aushalten. Am Eingang zum Rotmoostal entschieden wir uns, den Weg übers Eiskögele zu versuchen, das Wetter schien stabiler zu sein, als angekündigt. Nach dem steilen Aufstieg über die Nordostflanke wurde es etwas flacher und wir waren ganz alleine unterwegs. Immer wieder zogen ein paar Wolkenfetzen durch, doch die Sicht wurde nie richtig schlecht, nur der Anstieg zog sich und die Wärme staute sich. Endlich erreichten wir den Beginn des letzten Aufschwungs vor der Scharte und schnallten die Ski auf den Rucksack (Höhe und Wärme hatten mich fertig gemacht). Über ein paar Trittstufen und ein Drahtseil ging es nun sehr steil in die Scharte hinein. Von dort leuchtete das schöne Steinmandl vom Eiskögele herüber. Da die Zeit jedoch schon fortgeschritten war und die  Sicht sich nun endgültig zu verschlechtern schien, entschieden wir, den Gipfel sein zu lassen und direkt die Abfahrt in Angriff zu nehmen. Die ersten Schwünge im Windharsch waren unangenehm, dann genossen wir die Abfahrt, bis wir mitten in den Wolken standen. Jetzt hieß es nur noch alte Spuren suchen und anhand dieser Richtung Hütte navigieren. Ziemlich gut haben wir es getroffen - irgendwann haben wir Stimmen gehört und wussten, jetzt ist die Hütte gleich um die Ecke :-)
die Schlucht der Gurgler Ache
Samstag morgen haben wir es ruhig angehen lassen, schließlich sollte es erst im Laufe des Vormittags aufklaren. Geschneit hat es über Nacht, ca 20 cm. Zu acht sind wir dann ins Langtal aufgebrochen - wir legten die ersten Spuren von der Hütte hinab  durch lockeren Pulver. Von dort schlappten wir uns gemütlich ins Langtal ein, bevor wir sehr steil Richtung Rotegg aufstiegen. Die Sicht war nach wie vor schlecht, und so ganz sicher waren wir uns nicht mit der Aufstiegsroute gewesen. Nachdem wir die Steilstufe überwunden hatten, machten wir erstmal Pause, da wir unbedingt eine Positionsbestimmung durchführen wollten. Wie gerufen lichtete sich der Nebel kurz, bevor er dann ganz verschwand und es ein strahlend schöner Tag wurde. Den letzten Hang zum Rotegg ließen wir lieber unberührt, da hatte es in der Nacht doch ziemlich geblasen und genossen es, die ersten Schwünge in den Schnee zu setzen. Wir wanderten im T-Shirt noch etwas weiter Richtung Langtaljoch um einen ideal geneigten Durchschlupf auf den Langtalferner fahren zu können. Selbst auf dem Langtalferner hatten wir Spaß und genossen den unverspurten Schnee. Zur Hütte zurück mussten wir zwar noch mal auffellen, kamen aber ziemlich problemlos dort an. Eine einsame Tour mit herrlichem Pulver.
Für Sonntag war dann gutes Wetter vorhergesagt, mit am Nachmittag aufziehender Bewölkung. Diesen Tag wollten wir zu sechst nutzen, um auf die Hochwilde zu kommen. Der spektakulärste Teil der Tour war der Beginn. Die 200 hm Abfahrt zur Gurgler Ache waren verglichen mit dem Vortag kein Vergnügen. Doch der Durchschlupf durch die Schlucht war schon spannend – teilweise ist diese nicht breiter als 2m und man kommt nur mit Ski auf dem Rücken durch. Ein Seil erleichtert dort die kurze Kletterei. Am Ausgang der Schlucht steht leider das schöne Gletschertor nicht mehr, auch sonst sieht man trotz Winter den starken Gletscherrückgang. Eine ganz schön lange Wegstrecke ist bis zum Fuß der Hochwilde zurückzulegen. Durch das leicht kupierte Gelände kam mir die Strecke bis zum Anakogel nicht so lang vor, der Weg bis zum Fuß der Hochwilde zog sich dann aber doch. Am Skidepot war einiges los. Doch die Kletterei am Klettersteig bis auf den Nordgipfel habe ich trotzdem sehr genossen. Sie ist imposant, ausgesetzt und nicht zu lange. Mit etwas Glück waren wir dann alleine am Gipfel und konnten noch die Rundumsicht genießen. Im Süden häuften sich schon dickere Wolken auch war bei uns schon eine Schleierbewölkung da, was aber eher angenehm war, so war es nicht wieder so wahnsinnig heiß wie die vergangenen Tage.
Am Grat des Vorderen Seelenkogel
Für die Abfahrt wollten wir durchs Langtal zurück. Die steile Flanke auf den Ferner war bereits eingefahren doch unten boten sich auch durch die Spaltenzone noch schöne Schwünge. Die Spur hinaus war etwas schneller als am Vortag, so blieb uns das Schieben erspart. Nur das Zurücklaufen lässt sich hier nicht verhindern.
Für den Montag wollten Martin und ich eine Tour gehen, die uns auf interessantem Wege nach Obergurgl zurückführt. Da stach uns der Vordere Seelenkogel (3290m) ins Auge (der Hintere wäre einfach zu lange gewesen). Gemeinsam mit Erik und Christoph, die uns begleiteten und der Truppe die über das Eiskögele nach Karlsruhe zurück wollte, starteten wir bei herrlichem Wetter an der Langtalereckhütte. Auf ca 2700 m trennten sich dann unsere Wege. Wir bogen nach rechts ab immer unterhalb des Felsrückens Richtung Seelenferner querend. Hoch sah der Mittlere Seelenkogel aus und die Flanke durch die wir auf den Grat zum Vorderen Seelenkogel gehen wollten war von der Ferne nicht klar auszumachen. Doch je weiter wir uns dem Grat näherten, desto klarer wurde die Aufstiegsspur. Die kurze Flanke (ca 80 hm) sowie den ersten Teil des Grats gingen wir mit Steigeisen bevor wir bis zum Skidepot wieder auf Ski umstiegen. Die Flanke rechts fiel steil ab, wir folgten also dem Grat. Mittlerweile waren die Wolken vom Alpenhauptkamm rüber geschwappt und kurzzeitig standen wir im Nebel. Am Gipfel war wieder alles frei und überall sonst schien schlechteres Wetter zu sein - die richtige Tour gewählt :-) die Nordflanke sah gut aus und nach kurzer Diskussion entschieden wir uns dort rein zu fahren. Herrliche Schwünge boten sich uns...
Wo sind wir da durch?
Anstatt der eigentlichen Abfahrtsroute zu folgen, entschieden wir uns den Spuren des lokalen Bergführers vor uns zu folgen - irgendwie wird man schon auf den Gletscher kommen. Und so war es auch, durch steile Rinnen gelangten wir letztendlich ganz komod ins Rotmoostal. Von unten sah die Abfahrt sehr wild aus, wieder finden würde ich sie wohl kaum, aber manchmal braucht man glückliche Zufälle! Unten angekommen, haben wir auf Sommer umgestellt und das Tal rausgeschoben. Dort trennten sich unsere Wege, Erik und Christoph stiegen wieder auf zur Langtalereckhütte, Martin und ich schoben ins Skigebiet und waren ganz unvorbereitet in einer anderen Welt: viele Menschen, weicher Schnee, Lärm... Auf der weichen Piste zogen wir unsere letzten Schwünge, damit ging ein wunderschönes Osterwochenende zu Ende, denn viel besser was Schnee, LLB und Wetter angeht, kann man es kaum treffen!

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